Die perfekte Falle - oder doch nicht?

Liebe, Lust und Einschränkungen

Wie weit geht sie?

Lucy treibt ein gefährliches Spiel. Immer wieder streift sie in der Nacht herum und sucht eine Mitfahrgelegenheit. Ist der Fahrer ein normaler, hilfsbereiter Mann oder das Monster, welches ihre Schwester Nicki entführt hat? Es ist mehr als ein Jahr her, dass Nicki nach einem Besuch mit Freundinnen in einem Pub spurlos verschwunden ist. Die Polizei geht von einem Serientäter aus, denn zwei weitere Frauen sind verschleppt worden, am Ort findet sich jeweils nur das Smartphone. Mögliche Täterspuren zerschlagen sich.

Als eines der Opfer wieder auftaucht, schwellt Hoffnung auf. Allerdings wird die junge Frau angefahren und kommt schwerverletzt ins Krankenhaus. Aber eins ist klar: In dem Haus, wo sie gefangengehalten wurde, gibt es noch mehr Frauen.

Detective Denise Pope und die aufstrebende Zivilangestellte der Polizei Angela nehmen die Fährte auf. Als es neue Erkenntnisse gibt, mischt sich der zwielichtige Journalist Jack Keane ein und die Ereignisse überschlagen sich.   

"The Trap" wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, auch der Täter kommt zu Wort. Dieses Hin und Her und die Rückblenden sorgen für Tempo. Gegen Ende kommt es zu einer völlig überraschenden Wende, was mir persönlich gut gefallen hat. Wer klare Auflösungen mag, wird an diesem Buch nicht unbedingt gefallen finden. Es gibt Fragen, die offen bleiben, was aber durchaus gut zu diesem thrillerartigen Krimi passt. 

Catherine Ryan Howard: The Trap  Lübbe Verlag

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Gesellschaftliche Doppelmoral

Irland 1994: Im kleinen Städchen Ardglas gibt es nur ein Thema: Colette Crowley - Dichterin, Mutter von drei Söhnen - taucht wieder auf, nachdem sie Monate zuvor ihren Mann und die Kinder verlassen hat, um in Dublin mit ihrem Liebhaber das Glück zu finden. Sie mietet ein kleines Cottage an der Coast Road.

Streng beäugt von der Gemeinde versucht sie sich ihrer Familie zu nähern, allerdings verbietet ihr Ehemann den Umgang mit den Kindern. In ihrer Not bittet sie Izzy, Hausfrau und Mutter, um Hilfe. Diese ist unglücklich verheiratet mit einem Lokalpolitiker, der sich ausgerechnet für die Legalisierung der Scheidung im Land einsetzt. Zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Frauen entsteht eine Bindung, die beide Leben in andere Bahnen lenkt. 

Autor Alan Murrin schreibt mit psychologischem Feingefühl und grossartiger Beobachtungsgabe von den gesellschaftlichen Einschränkungen, die Frauenleben vor nur gerade mal 30 Jahren bestimmten. Erst 1995 kippte eine knappe Mehrheit der Iren das grundsätzliche Scheidungsverbot, neun Jahre zuvor war es an einem Referendum gescheitert. 

In "Coast Road" beleuchtet Murrin, was Frauen noch heute davon abhält, ihren Partner zu verlassen. Auf eindringliche Weise beschreibt er, wie weibliche Freiheit, Individualität und Selbstverwirklichung aufgrund von Religion, gesellschaftlichen Erwartungen und Kleinstadtgerede limitiert werden. Ein ehrlicher und berührender Roman, der die politischen und familiären Bande im Irland der 90er Jahre erfasst. Ein wunderbares Debüt - tolles Buch!

Alan Murrin: Coast Road  dtv Verlag

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Der stumme Zeuge

Ein sensibel erzählter Familienroman, der sich zum Pageturner entwickelt

Fast jeden Morgen wandert Vater Adam mit seinem 14jährigen Sohn Eugene durch den River Fall Park. An einem Dienstagmorgen kehrt Eugene alleine zurück, von seinem Vater fehlt jede Spur. Was passiert ist, bleibt unklar, denn erzählen kann der Junge nichts. Aufgrund einer Autismus-Spektrum-Störung und dem Angelman-Syndrom ist er stumm. Seine älteren Geschwister Mia und John, Zwillinge, und die Mutter machen sich auf die Suche, die erfolglos bleibt. Die Polizei beginnt zu ermitteln und sie finden auch Zeugen, die die Beiden gesehen haben. Vor allem Eugene ist aufgefallen, da er beim quer über die die Strasse rennen einen Autounfall verursacht hat. Auf seinem T-Shirt gibt es Blutflecken und unter den Fingernägeln ebenfalls. Vorsichtshalber wäscht Mia seine Kleidung und stellt den Jungen unter die Dusche. Beweismittel wird zerstört.

Mia beginnt nachzuforschen, weil sie ihren Bruder schützen will. Doch je tiefer sie gräbt, desto mehr gerät ihre Welt ins Wanken...

"Happiness Falls" ist ein unglaublich intensives Buch, das von Anfang an zu fesseln vermag - eben ein richtiger Pageturner. Erzählt wird die Geschichte von Mia, was uns einen tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt gewährt. Immer Neues wird entdeckt, Verhalten, das auf den ersten Blick klar erscheint, erweist sich als ganz anders.

Bereits das erste Buch von Angie Kim, "Miracle Creek", hat mir sehr gefallen, mit dem zweiten Werk hat sie noch eine Schippe draufgelegt. Was für ein tolles, umwerfendes Buch! Ich bin hellbegeistert! 

Angie Kim: Happiness Falls  Verlag Hanserblau

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Die Kraft der Liebe

Zwischen zwei Leben

1955: Beth, 17 Jahre alt, verliebt sich in den schönen und klugen Gabriel, der aus reichem Hause kommt. Berauscht vom Verliebtsein erleben sie einen wunderschönen Sommer, doch dann zerbricht das junge Glück. Gabriel geht zum Studieren nach Oxford. Beth bleibt zurück, tritt ihr Studium in Oxford nicht an. Frank, der seit Jahren in sie verliebt ist und sie immer von Weitem angehimmelt hat, fängt sie auf. Bei ihm fühlt sie sich geborgen, die beiden heiraten früh und bestellen zusammen Franks Farm. Mit der Geburt von Bobby scheint ihr Glück komplett. Neun Jahre später kommt es zu einem schweren Unfall, Bobby verliert sein Leben.

1968: Der gefeierte Schriftsteller Gabriel kehrt mit seinem Sohn Leo in das Dorf zurück. Beth Gefühle geraten ins Wanken, das Chaos bricht über sie herein und sie trifft eine Entscheidung, die weitreichende Folgen haben wird. Ein Mensch wird sterben, ein anderer wird dafür büssen. Doch wer ist Schuld? Dies bleibt bis zum Schluss das grosse Geheimnis dieses spannenden Romans.

Erzählt wird "Wie Risse in der Erde" auf zwei Zeitebenen und aus der Perspektive von Beth. Einerseits erleben wir das Jahr 1955, dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1968, nach und nach führt die Autorin Clare Leslie Hall die beiden Erzählstränge zusammen und schafft es bis zum Schluss, die Spannung aufrecht zu erhalten. Mitreissend, schön, traurig, leidenschaftlich, zärtlich und liebevoll - lesenswert!

Clare Leslie Hall: Wie Risse in der Erde  Piper Verlag 

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Ein Familienepos

Eine beissende Satire auf die Welt der Superreichen

Die jüdische Familie Fletcher ist reich und sie stechen sogar in der reichen Gegend von Long Island unter den wohlhabenden Familien heraus. Diesen Reichtum verdanken sie Gründervater Zelig Fletcher, der in den 40er Jahren nach Amerika geflüchtet ist, mit nichts im Gepäck ausser einer Formel zur Herstellung von Styropor. Mit seiner Intelligenz, Glück und Taktik macht er ein Vermögen. Sohn Carl tritt in seine Fussstapfen, heiratet Ruth und bekommt mit ihr drei Kinder. 

1980, Ruth ist zum dritten Mal schwanger, wird Carl vor seinem Haus gekidnappt. Nach Zahlung eines üppigen Lösegelds wird er kurz darauf wieder freigelassen, ohne einen Schaden erlitten zu haben. Aber stimmt das wirklich? Nicht ganz, seine Psyche ist angeschlagen und auch seine Frau und die drei Kinder werden durch diese Erfahrung ihr Leben lang beeindrächtigt. 

40 Jahre später kommt die Familie zu einer Feier zusammen und da wird klar, dass die lang zurückliegende Entführung unerwartete Spuren hinterlassen hat - bei der ganzen Familie. Diese Auswirkungen sind manchmal verstörend und immer wieder auch amüsant.

"Die Fletchers von Long Island" ist eine grosse jüdisch-amerikanische Familiengeschichte, die mehrere Jahrzehnte umspannt und äusserst kurzweilig ist. Sprachlich virtuos, manchmal etwas unverschämt und sehr, sehr witzig - eine Satire auf die Welt der Superreichen.

Taffy Brodesser Akner: Die Fletchers von Long Island  Eichborn Verlag

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